Schwerpunkte der Neonazi-Gewalt in 2015 in Sachsen
Um die Abläufe einiger Schwerpunkte der Neonazi-Gewalt in
Sachsen besser nachvollziehen zu können, werden einige Ereignisse detaillierter
beschrieben. Es wird dabei sichtbar, dass die Gesellschaft der Identitätslosen,
es in den exemplarischen Fällen, mit gezielter rassistischer Gewalt zu tun hat,
die von organsierten Neonazi- und Hooligan-Netzwerken ausgeübt und
instrumentalisiert wird. Diese sind überwiegend nicht in Parteien oder
Kameradschaften organisiert, sondern bestehen als soziale und freundschaftliche
Netzwerke, die leicht mobilisierbar und in sich stark geschlossen sind. Neben
den politischen Aktivitäten kenn und begegnen sich ihre Mitglieder bei Fußballspielen,
gemeinsamen Diskotheken- oder Kneipenbesuchen oder auf Pegida-Demonstrationen.
Die Darstellung der Beispiele in ihren detaillierten Abläufen macht eine
Betrachtung der Ereignisse und die damit einhergehenden Dynamiken aus einer
zivilgesellschaftlichen Sicht deutlich.
Freital
Bereits zur Jahreswende 2014/15 wurde in der Öffentlichkeit
bekannt, dass im ehemaligen
Hotel Leonardo < in Freital eine Unterkunft für
Geflüchtete eingerichtet werden soll. In Folge dessen gründetet sich die
Initiative > Freital wehrt sich – Nein zum Hotelheim <. Als deren Protagonist
trat der zuvor noch nicht öffentlich in extrem rechten Zusammenhängen
aufgetretene René Seyfried auf. Nach eigener Aussage, in einem Presseinterview,
wurde Seyfried und sein soziales Umfeld, durch die Dresdner
Pegida-Demonstrationen, ab Ende 2014 politisiert. An den ersten von der
Initiative veranstalteten Demonstrationen im März 2015 nahmen bis zu 1.500
Asylgegner/innen teil. In diesem Zeitraum konnte Pegida im nahegelegenen
Dresden fast wöchentlich fünfstellige Teilnehmerzahlen mobilisieren. Bereits
beim ersten Aufmarsch versuchte eine Gruppe von ca. 130 Asylgegner/innen im
Anschluss an die Demonstration in aggressiver Weise zur Asylunterkunft zu
gelangen, konnte jedoch von der Polizei aufgehalten werden. Eine geplante
Dialogveranstaltung eines CDU-Bundestagsabgeordneten zum Thema Asyl in Sachsen
im März musste wegen massiver Sicherheitsbedenken der Polizei abgesagt werden.
In den Monaten März bis Mai fanden wöchentlich Demonstrationen und Kundgebungen
der Asylgegner/innen statt, wenngleich die Anzahl der Teilnehmer/innen von
zunächst mehr als 1.000 auf 100 Menschen zurückging. An mindestens einer
Veranstaltung nahm auch Pegida-Gründer Lutz Bachmann teil. Im Frühjahr 2015
gründete sich darüber hinaus in Freital eine rechte Bürgerwehr mit dem Namen
> Bürgerwehr FTL 360 <. In diesem Zeitraum stieg auch die Anzahl an
rechten Gewalttaten in Freital merklich an.
Im gesamten Jahr 2015 wurden durch die Beratungsstelle für
Betroffene rechter Gewalt der RAA Sachsen e.V. über 30 rechte Gewaltstraftaten
im Ort registriert, u.a. versuchte Brandstiftung – ein Molotov-Cocktail wurde
auf die Geflüchteten Unterkunft geworfen - , mehrere schwere
Körperverletzungen, Angriffe mit Pyrotechnik auf die Asylunterkunft und ein
Sprengstoffanschlag.
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