Quantität asylfeindlicher Proteste in Sachsen
In keinem anderen Bundesland fanden 2015 so viele
asylfeindliche Demonstrationen statt, wie in Sachsen. Laut parlamentarischer
Anfragen der Oppositionsparteien im Sächsischen Landtag wurden in Sachsen in
2015 mindestens 595 Demonstrationen gegen Asylpolitik registriert. Mehr als 200
von diesen wurden von organisierten Neonazis angemeldet oder organisiert.
Weitere 250 Veranstaltungen fanden in unmittelbarer Nähe von
Flüchtlingsunterkünften statt und waren von diversen asylfeindlichen
Bürgerinitiativen angemeldet oder organsiert worden. Der überwiegende Teil
dieser Proteste wurde von rassistischen Motiven getragen. Die regionalen
Schwerpunkte waren Dresden sowie die Landkreise Sächsische
Schweiz-Ost-Erzgebirge, Bautzen und Mittelsachsen. Unter den Bezeichnungen >
Ortsname < sagt nein zum Heim < oder > Ortsname < wehrt sich <
entstanden seit 2014 immer neue Facebook-Gruppen, die in einer großen Zahl
direkt von Neonazis betrieben oder von diesen mitorganisiert wurden. Die
Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt der RAA Sachsen e.V. https://raa-sachsen.de/startseite.html
zählten 2015 in Sachsen mindestens 477 rechte Angriffe mit 654 Betroffenen.
Davon waren mindestens 285 Taten rassistisch motiviert und 74 Angriffe gegen
Asylunterkünfte. In keinem anderen Bundesland fanden im Vergleich zur
Einwohnerzahl so viele rechte und rassistische Gewalttaten in 2015 statt, wie
in Sachsen.
Qualität asylfeindlicher Proteste in Sachsen
Das Beispiel Chemnitz-Einsiedel
Im August 2015 wurden in Chemnitz-Einsiedel Nachrichten
kolportiert, dass in der Anlage des ehemaligen DDR-Pionierlagers > Palmiro
Togliatti < bis zu 2.000 Asylsuchende untergebracht werden sollten, obwohl
die Anlage nur für 544 Personen zugelassen sei. Die Nachricht sorgte für Unmut
in dem ländlich geprägten Stadtteil mit rund 3.500 Einwohner/innen. Bei einer
Bürgerversammlung kam es zu tumultartigen Szenen. Eine Bürgerinitiative >
Nein zum Erstaufnahmeheim < und eine Facebook-Gruppe > Einsiedel sagt
Nein zur EAE < wurden damals gegründet. Im September demonstrierten bis zu
1.400 Menschen in Chemnitz-Einsiedel gegen die Einrichtung der Asylunterkunft. Die
verantwortliche Landesdirektion stellte fest, dass die Anlage außergewöhnlich
gut für die Unterbringung von Familien mit Kindern geeignet sei, da aufgrund
der Struktur mit einzelnen Gebäuden ein Mindestmaß an Privatsphäre und Komfort
gewährleistet sei. Zudem wurde den Darstellungen widersprochen, wonach die Zahl
von 544 unterzubringenden Personen überschritten werden könnte. Trotz diverser
Richtigstellungen formierte sich weiterhin Widerstand gegen die Unterbringung
von Asylsuchenden im Ort. Ein Anwohner, der gleichzeitig Chef des
Sicherheitsdienstes > Argus < zum damaligen Zeitpunkt war, reichte laut
Zeitungsberichten Klage gegen die Einrichtung einer Asylunterkunft ein. Er und
andere Anwohner/innen fochten gemeinsam die erteilte Baugenehmigung an. Zum
einen wurden Mängel beim Brandschutz aufgeführt. Zum anderen erwarte man >
durch ausgetragene Konflikte der Flüchtlinge im Freien < eine erhöhte
Lärmbelästigung, die in einem Wohngebiet unzumutbar erscheine. Das
Verwaltungsgericht Chemnitz sah in einem Eilverfahren jedoch keine Gründe, um
die erteilte Baugenehmigung auszusetzen oder aufzuheben. An weiteren
Demonstrationen nahmen bis zu 1.500 Menschen teil. Der Mittwochabend
entwickelte sich zum regelmäßig widerkehrenden Demonstrationstag in dem kleinen
Chemnitzer Vorort.
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